Wie sich (Daten-)Strategien erfolgreich vorantreiben lassen

Zum 10-jährigen Jubiläum von Datentreiber haben wir einen Gastbeitrag von Ulrike Reinhard, in dem Sie mehr über die neun Prinzipien erfahren, die die erfolgreiche Umsetzung von Datenstrategien und damit die Transformation von Geschäftsmodellen ermöglichen.

Home / Daten & KI Strategie / Wie sich (Daten-)Strategien erfolgreich vorantreiben lassen

Gastbeitrag über Datenstrategien von Ulrike Reinhard

Die neue Datentreiber-Philosophie lautet „train. think. transform.” Sie ist ein ganzheitlicher Ansatz, der datengetriebene Strategien als Auslöser für unternehmensweite Transformationsprozesse begreift. Datentreiber hat festgestellt, dass Unternehmen häufig Schwierigkeiten bei der Definition und Umsetzung innovativer (Daten-)Strategien haben – oft aus der Sorge heraus, negative Auswirkungen auf die Unternehmenskultur zu befürchten. Wir sind jedoch überzeugt, dass sich Unternehmen leicht von diesem Muster lösen können. Richtig umgesetzt profitieren Datenstrategie und Unternehmenskultur voneinander und befördern sich gegenseitig. So wird Transformation nicht nur möglich, sondern findet Ausdruck in neuem Verhalten und Handeln.

Dieser Artikel zeigt, wie man genau diese Synergie schafft. Es geht um neun Prinzipien, die den Raum für eine erfolgreiche Transformation öffnen. Diese Prinzipien entfalten ihre größte Wirkung, wenn man sie alle zusammen einsetzt, nicht nur vier oder fünf. Nein! Prüfen Sie alle neun Prinzipien und stellen Sie sicher, dass Ihre Strategie sie nicht nur unterstützt, sondern wirklich anwendet. Ich habe sie sowohl in meiner Beratungstätigkeit als auch in meinem sozialen Change-Projekt „Janwaar“ erfolgreich umgesetzt – lesen Sie in der November-Ausgabe des Datentreiber-Newsletters mehr über dieses Projekt.

Joi Ito, Unternehmer und Aktivist, hat diese Prinzipien ursprünglich in den 2000er-Jahren definiert, als er das MIT Media Lab leitete, und ermutigte sein Team, sie bei all ihren Aktivitäten anzuwenden. Ich habe sie für meine eigenen Zwecke angepasst.

Werfen wir nun einen detaillierten Blick auf jedes einzelne Prinzip und verstehen wir, warum sie erst in der gemeinsamen Anwendung ihre volle Kraft entfalten.

Die neun Prinzipien für Datenstrategien auf einen Blick

systems over objects

Am Ende des Tages braucht es ein Gleichgewicht zwischen Planet, Menschen und Gewinn – besonders für Unternehmen. Wir müssen stets den Gesamteinfluss neuer Strukturen, Technologien, Produkte und Prozesse im Auge behalten sowie verstehen, wie Menschen, ihre Gemeinschaften und ihre Umwelt zusammenspielen. Ökologische, soziale und Netzwerkeffekte sind zu berücksichtigen. Der Fokus auf ein einzelnes Ziel, zum Beispiel nur Umsatzsteigerung (= Wachstum nur in Zahlen messen), ohne die Auswirkungen auf das größere Umfeld zu bedenken, ist nicht länger tragbar.

Unternehmen sind Teil eines größeren Ganzen und müssen letztlich in diesem übergeordneten System agieren, das auf unserem Planeten mit seinen vielfältigen Ressourcen basiert.

resilience over strength

Stärke wird oft damit gleichgesetzt, keine Fehler zu machen. Wir haben keine ausgeprägte Fehlerkultur!
Resilienz bedeutet, dass ich zwar gewinnen und erfolgreich sein möchte, mir aber erlaube, Fehler zu machen. Das bringt den großen Vorteil mit sich, dass man sich nicht „verschließt“. Man macht einen Fehler, nimmt sich einen Moment Zeit, reflektiert, schafft eine Lücke zwischen dem Moment des Scheiterns und der eigenen Reaktion darauf. Man widersteht dem Misserfolg und schafft so Raum für kreatives Handeln. Indem man Fehler bewusst zulässt, konzentriert man sich auf das Potenzial, zu wachsen.

Wenn Sie Resilienz wählen, zeigt sich das Leben, wie es ist, und Sie können entsprechend gestalten – dieses Verständnis von Resilienz verleiht Führung und Entscheidungsprozessen eine spirituellere Bedeutung im Sinne des „Wachsens“ und rückt von traditionellen Geschäftslehren ab.

practice over theory

Wenn man etwas tut, erhält man Fakten. Wenn man etwas plant, erhält man Theorien.

Was das für Unternehmen heißt: Beginnen Sie einfach und lernen Sie unterwegs. Nehmen Sie dieses Lernen in Ihren weiteren Weg auf. Es ist ein ständiges Anpassen. Machen Sie eher kleine Schritte, anstatt alles auf einmal umzusetzen.

Dieses Vorgehen reduziert Ihre Misserfolgskosten erheblich – stellen Sie sich nur vor, Sie entwerfen eine komplette Strategie, setzen sie um und finden dann heraus, dass sie nicht funktioniert. Sie verlieren viel Geld, verschwenden noch mehr Zeit und häufig funktioniert die geplante Strategie nie ganz so, wie erwartet.

emergence over authorities

Das ist das Gegenteil von Top-down-Management.

Definieren Sie keine Hierarchien, wenn Sie ein Projekt oder eine Strategie starten. Gehen Sie mit dem Fluss. Stärken Sie die Mitarbeitenden, die durch ihre sozialen Fähigkeiten hervorstechen, Verantwortung übernehmen und andere mitnehmen können – unabhängig von ihrer Position. Ernennen Sie Führungskräfte nach dem Prinzip, wie sie sich aus der Situation heraus entwickeln – durch Reputation und Respekt.

Diese „Führungskräfte“ haben meist einen hohen EQ, sind angesehene Teammitglieder und greifen selten nach Macht. Sie sind innerhalb des Systems gut vernetzt.

disobedience over compliance

Den Nobelpreis gewinnt man nicht, indem man tut, was einem gesagt wird. Man gewinnt ihn, indem man Autoritäten in Frage stellt und selbst denkt. Das Gleiche gilt für Unternehmen: Man möchte, dass Fragen gestellt werden. Schaffen Sie ein Umfeld, in dem Mitarbeitende als wichtige und wertvolle Mitgestalter wahrgenommen werden. Fördern Sie kritisches Denken und geben Sie Raum für Fragen und Antworten.

Unternehmen brauchen starke Mitarbeitende, die sich nicht scheuen, nicht einfach nur Ja zu sagen, und die mutig genug sind, Fragen zu stellen und konstruktiv Feedback zu geben.

Wenn Fragen zugelassen werden, führt das manchmal zu Unruhe und kann störend wirken. Dennoch ist es die beste Möglichkeit, ein gemeinsames Verständnis zu entwickeln und sich als Team weiterzuentwickeln. Indem Fragen gestellt und der Status quo hinterfragt wird, werden Unternehmen besser!

compasses over maps

Geben Sie Ihren Mitarbeitenden einen klaren „Kompass“, damit sie den besten Weg zur Erreichung der Unternehmensziele selbst finden können, anstatt ihnen eine detaillierte Landkarte mitzugeben.

Seien Sie sehr präzise in Bezug auf Ihr übergeordnetes Ziel – die Vision des Unternehmens. Sorgen Sie dafür, dass jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter diese versteht. Die Vision gibt Orientierung und zeigt die Richtung – sie ist nicht zwangsläufig eine genaue Wegbeschreibung. Das macht es einfacher, auf Herausforderungen und Hindernisse zu reagieren. In unserer immer komplexeren und unvorhersehbaren Welt haben Sie auf diese Weise immer genügend Zeit, sich anzupassen. Das spart Kosten und Ressourcen. Ein starkes Argument für Unternehmen, oder?

pull over push

Holen Sie Ideen und Gedanken aus Ihrer Belegschaft, von Partnern und Ihrem gesamten Netzwerk. Legen Sie sie nicht zentral bei der Geschäftsführung auf Halde. Definieren Sie nicht im Voraus alle Ihre Strategien – sondern schaffen Sie einen Raum, in dem neue Strategien und Projekte entstehen können – initiiert und umgesetzt MIT den Mitarbeitenden. Und mit Partnern. Entwerfen Sie nichts FERTIG für sie. Binden Sie sie in den Prozess ein.

Sie werden erleben, dass Strategien und Projekte, die aus dem „Pool des Unternehmens“ hervorgehen, mit viel größerer Selbstverständlichkeit umgesetzt werden und alle viel verantwortungsbewusster handeln. Was will man mehr?

„Pull“ bedeutet zudem, nur dann in Assets wie Maschinen, IP oder feste Partner zu investieren, wenn ein wirklich überzeugender Grund dafür vorliegt. Ansonsten können sich diese Dinge schnell als Ballast entpuppen. Sie machen Sie langsam und weniger anpassungsfähig.

Auch hier gilt: „Pull“ ist in vielen Fällen kosteneffizienter und hält Sie agil.

learning over education

Ich bevorzuge das Wort „Lernen“ gegenüber „Ausbildung“. Einfach weil Lernen etwas ist, das ich für mich selbst tue. Ausbildung ist etwas, das andere mir „beibringen“ – in der Schule, an der Uni, in Seminaren.

Lernen bedeutet zu verstehen und das Gelernte praktisch anwenden zu können. Lernen heißt auch, bewerten zu können und Fragen zu stellen. Lernen bedeutet anzuerkennen, was man nicht weiß, und offen für neue Erfahrungen zu sein, ohne einen (Unternehmens-)Filter. Je mehr Ihre Mitarbeitenden lernen, desto stärker können sie zu einem gemeinsamen Ziel beitragen.

Jedes Unternehmen sollte daher seine Mitarbeitenden dabei unterstützen, zu Lernenden zu werden. In einer sich ständig verändernden Welt ist das die Voraussetzung für ein langfristiges Überleben.

Unternehmen müssen sich zudem bewusst sein, dass Lernen etwas sehr Individuelles ist. Jede Person lernt anders, braucht unterschiedliche Zeit, Werkzeuge und Methoden. Anstatt den IST-Zustand des Wissens zu bewerten, sollten sie sich auf das Potenzial konzentrieren: Wer kann ein Mitarbeitender morgen sein?

ME and WE

Wählen und befähigen Sie die Mitarbeitenden (MEs), die das Beste für das Unternehmen (WE) bewirken können.

Das sind nicht immer diejenigen mit den besten Zeugnissen oder Zertifikaten. Oft sind es jene, die kulturell am besten ins Unternehmen passen. Fähigkeiten kann man sich aneignen – die Werte und Denkweisen einer Person zu verändern, ist weitaus schwieriger.

Das ist eine große Herausforderung für Personalabteilungen; sie müssen komplett umdenken, wie sie Mitarbeitende auswählen UND bewerten.

What has all this to do with data-driven strategies?

Dies ist der erste Blogpost einer Serie anlässlich des 10-jährigen Datentreiber-Jubiläums, in dem wir unsere Leitprinzipien in ihrer reinsten Form erklären.

In den kommenden Monaten werden wir sehr konkrete Datenanwendungsfälle vorstellen. Wir erläutern, was es bedeutet, diese Prinzipien „zu übersetzen“ und praktisch anzuwenden, und wie sich die neue Datentreiber-Philosophie „train. think. transform.” in datengetriebenen Lösungen manifestiert.

Bleiben Sie also dran!


Über die Autorin

Gastautorin Ulrike Reinhard

Herzlichen Dank an Ulrike für diesen Einblick in Datentreibers neue Philosophie „train. think. transform.“. Dass sich diese Prinzipien mit unserer Philosophie decken, ist ein wahrer Glücksfall. Wir freuen uns sehr, dass du zu den Feierlichkeiten unseres 10-jährigen Jubiläums beiträgst.

Über die professionelle Zusammenarbeit an Ulrikes sozialen Projekten hinaus verbindet sie eine lange persönliche Geschichte mit Martin Szugat und Datentreiber.

Peter Kruse über Ulrike Reinhard

Es gibt Menschen, deren Leben schon der Logik dynamischer Netzwerke folgte, lange bevor das Internet auf der Bildfläche erschien. Ich bin in meinem Leben nur ein paar solcher Leute begegnet, die in einem sehr viel radikaleren Sinne „Digital Natives“ waren, als es das Geburtsdatum vermuten ließe.

Ulrike Reinhard ist eine von ihnen. Sie besitzt die Gabe, in Interaktionen zu denken und zu handeln. Im Gespräch mit ihr lässt man sich schnell mitreißen von ihrer Begeisterung für offene Prozesse. Ulrike Reinhard ist eine Katalysatorin kollektiver Intelligenz und ein Knotenpunkt in Netzwerken, eine Ermöglicherin, die Menschen direkt zusammenbringt. Sie beherrscht die gesamte Klaviatur moderner Technologien, würde aber auch dann das „Wir“ in dieser Welt stärken, wenn sie nur Rauchzeichen und Brieftauben zur Verfügung hätte. Ulrike Reinhard ist eine leidenschaftliche Grenzgängerin, die fest daran glaubt, sich selbst in neuem, unbekanntem Terrain zurechtzufinden. Sie folgt selten einem geradlinigen Kurs, hat dabei aber stets ein untrügliches Gespür für Richtung. Wie ihr persönlicher Lebensweg ist auch Ulrike Reinhard niemals langweilig und immer für Überraschungen gut!


Weiterführende Literatur

Valves Handbuch für neue Mitarbeitende: Ein furchtloses Abenteuer in der Frage, was zu tun ist, wenn niemand Ihnen sagt, was zu tun ist.

(Link: https://www.valvesoftware.com/en/publications)  

Joi Itos Neun Prinzipien des Media Lab

(Link: auf YouTube)

Kate Raworth: Wirtschaftswachstum innerhalb der planetaren Grenzen

(Link auf YouTube)

Train. Think. Transform.